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Ausstellung
Lichthof
Universität
Zürich
24. Mai bis
3. Juli 2010

Symposium
Universität
Zürich
14. Juni und
15. Juni 2010

Mit Wissen eine neue Welt erschlossen

 

Sie waren Männer der Geistlichkeit und des Geistes. Vor über 400 Jahren waren Jesuiten die ersten Europäer, die an den chinesischen Kaiserhof vordrangen. Im Gepäck hatten sie nicht das Schwert des Kolonialherren, sondern die Erkenntnisse der Wissenschaft.

Sie kamen aus Italien und Portugal, aus Deutschland, Frankreich und aus der Schweiz. Sie waren bereit, eine jahrelange Seereise auf sich zu nehmen und scheuten nicht vor den Gefahren des Landwegs innerhalb von China zurück. Sie lernten eine Sprache, die ihrer eigenen in nichts ähnlich war, und sie passten sich an Lebensgewohnheiten an, die sie zu Beginn nicht verstehen konnten. Wie fremd der Ferne Osten einem Menschen des 16. und 17. Jahrhunderts sein mochte, kann heute kaum noch ermessen werden.

Artikel zum Thema

Artikel im Bulletin der Schweizerisch-Chinesischen Handelskammer (SCCC), Seiten 77-79
Kultureller Brückenbau zwischen Europa und China

Brücke der Wissenschaft

Dennoch haben sie den Schritt getan. 1583 reiste der italienische Jesuitenpater Matteo Ricci nach China. Der Geistliche hatte Bücher im Gepäck: Nicht nur die Bibel, sondern auch »Die Elemente« von Euklid und den Weltatlas des Abraham Ortelius. Dieses Buch war Basis der wissenschaftlichen Zusammenarbeit von Chinesen und Europäern. Ricci baute eine einzigartige Brücke zwischen den Welten, eine Brücke, die über Jahrhunderte Bestand haben sollte. In seiner Folge reiste der aus Bingen in Schwaben stammende Johannes Schreck in den Fernen Osten, um dort zusammen mit chinesischen Gelehrten Bücher über Anatomie, Astronomie, Mathematik und Maschinenbau zu schreiben.
Er war nicht der Einzige: Karriere beim Himmelssohn machte auch Johann Adam Schall von Bell, der als Direktor des astronomischen Amtes zum Berater und Freund des Kaisers avancierte und 1658 zum Mandarin erster Klasse ehrenhalber ernannt wurde. In China tätig waren der Kartograph Martino Martini, der den »Novus Atlas sinensis« mit der ersten wissenschaftlichen Landeskunde Chinas verfasste oder der Pole Michael Boym, Autor der »Clavis Medica« – eine Beschreibung der chinesischen Medizin. Das alte Observatorium des Flamen Ferdinand Verbiest (1676) ist bis heute eine Sehenswürdigkeit in Beijing. Der Reichsatlas französischer Missionare im Dienst des Kaisers Kang-xi (seit 1708) gilt als Höhepunkt jesuitischer Kartographie. Der Schweizer Franz Stadlin brachte zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Uhrmacherkunst in die Verbotene Stadt und der Maler Giuseppe Castiglione prägte ein halbes Jahrhundert lang die Kunst am Kaiserhof.

Sie alle werden bis heute in China hoch geschätzt. Der Zhalan-Friedhof der Missionare in Beijing gehört zu den staatlich geschützten Kulturdenkmälern der Volksrepublik. 63 Grabstelen zeugen in der schattigen Parkanlage vom Wirken der Geistlichen.

Die Wiege des globalen Handels

Mit Hilfe ihrer wissenschaftlichen Kenntnisse gelang es den Patres, bis in führende chinesische Staatsämter vorzudringen. Sie erneuerten die chinesische Kartographie, reformierten den Kalender, erweiterten die Kenntnisse ihrer Gastgeber – und gewannen dadurch auch das Interesse für ihre Religion.

Im Gegenzug schickten sie Reiseberichte, Briefe und Atlanten nach Europa, wo ein regelrechter China-Boom ausgelöst wurde. Bestaunte man im Fernen Osten Uhren aus schweizerischen Werkstätten, tranken europäische Adlige chinesischen Tee, kleideten sich in chinesische Seide, legten chinesische Gärten an und bewunderten chinesisches Porzellan, das holländische Händler in ganzen Schiffsladungen nach Europa brachten. Es eröffneten sich Handelsbeziehungen, die bis heute Bestand haben. Im 21. Jahrhundert gehört China zu den wichtigsten Wirtschaftspartnern Europas. Die Wurzeln zu dieser Verbindung haben Geistliche im 16. Jahrhundert gelegt.